Zum Jahre 2000 fragte mich Michaela Moser für die Österreichische Zeitschrift für Erwachsenenbildung an, einen Artikel über die Anthropologie der Bezogenheit zu schreiben.[1] Diese Anfrage zeigte mir, dass die Einsicht, Menschsein beruhe darauf, mit anderen Menschen in Beziehung zu sein, zu Beginn des 21. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Ihr Bedeutungszuwachs verdankt sich Denkerinnen wie Hannah Arendt, Luce Irigaray, den Frauen des Mailänder Frauenbuchladens und den Philosophinnen der Gruppe DIOTIMA. Irigaray und die genannten Italienerinnen stellen Frauenbeziehungen und insbesondere die genealogische Bezogenheit der Frauen ins Zentrum ihres Konzepts von Frauenpolitik. Hannah Arendt wiederum spricht davon, dass eine oder einer, die-der geboren wird, zur Welt kommt und damit in das Beziehungsgefüge menschlicher Angelegenheiten eintritt, in dem sie-er bis zu seinem Tode leben und handeln wird.
In beiden Ansätzen wird die Angewiesenheit auf andere nicht einfach als verhängnisvolle Abhängigkeit bestanden, die es zu überwinden gilt. Im Gegenteil, sie schälen heraus, dass gerade die Angewiesenheit auf andere Handlungsfähigkeit ermöglicht. Dies kann man sofort erkennen, wenn man beachtet, dass Neugeborene und Kinder mit Hilfe von Erwachsenen Fähigkeiten entwickeln, Wissen und Selbständigkeit erlangen.
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